Anlageausblick Juli 2023

Im ersten Halbjahr 2023 waren die internationalen Finanzmärkte von einer gewissen Volatilität und einigen marktbestimmenden Ereignissen geprägt.

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Im ersten Halbjahr 2023 waren die internationalen Finanzmärkte von einer gewissen Volatilität und einigen marktbestimmenden Ereignissen geprägt. Einerseits hatten wir die Bankenkrise Anfang Jahr mit dem Kauf der Credit Suisse durch die UBS und der Pleiten der Silicon Valley Bank und der Signature Bank. Auf der anderen Seite sahen wir viele Technologieaktien, welche im ersten Halbjahr eine treibende Kraft an den Börsen waren. Insbesondere Technologiewerte mit einem Bezug zur künstlichen Intelligenz verzeichneten solide Kursgewinne. Der technologiegestützte Index NASDAQ hatte sein bestes erstes Halbjahr seit 1983, während der S&P 500 seit seinem tief im Oktober 2022 rund 20% gestiegen ist, was normalerweise Anzeichen eines Bullenmarktes widerspiegelt.

Inflationsbedenken begleiteten uns im ersten Halbjahr stark. Die steigende Inflation und die Diskussionen über mögliche weitere Zinserhöhungen führten immer wieder zu grossen Schwankungen an den Märkten, insbesondere bei Anleihen und zinssensiblen Sektoren. Das Federal Reserve Board kündigte für die zweite Jahreshälfte mindestens noch zwei Zinserhöhungen an, da die Inflation weiterhin über dem angepeilten Zielwert lag. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) kündigten weitere Zinserhöhungen an.

Auf der geopolitischen Seite haben wir den immer noch anhaltenden Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und die angespannte Situation zwischen den USA und China.

Bärenmarktrally oder der Beginn eines neuen Bullenmarktes – diese Frage beschäftigt die Anleger mit Blick auf die zweite Jahreshälfte. Viele Teilnehmer haben an der bisherigen Rally nicht in vollem Umfang teilgenommen, da das makroökonomische Bild zu Beginn des Jahres schwach war. Die Antwort auf die obige Frage hängt stark davon ab, worauf man den Blick richtet. In der Vergangenheit schnitt der Index in der ersten Jahreshälfte (+7%) immer besser ab als in der zweiten. (+4.6%) Hinzu kommt das der S&P 500 entgegen den Annahmen der meisten Anleger nun wieder auf dem Stand ist, welchen er zu Beginn der Zinserhöhungen durch die FED hatte.

Angesichts der aktuellen Lage, in der die Inflation in den USA hartnäckig hoch bleibt und das Wirtschaftswachstum keine Anzeichen einer Verlangsamung erkennen lässt, rechnen wir mit einer anhaltenden Konjunkturabschwächung, welche einen Abwärtsdruck auf die Aktienkurse ausüben wird.

Wir empfehlen daher weiterhin eine defensive Haltung mit einer Übergewichtung von Staatsanleihen und einer Untergewichtung von Aktien und Krediten.

BENDURA Marktansichten

sehr unattraktiv unattraktiv neutral attraktiv sehr attraktiv
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Schwellenländer d
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Wechselkurse
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Die Begriffe attraktiv / unattraktiv beschreiben das Renditepotenzial der verschiedenen Anlageklassen. Eine Anlageklasse gilt als attraktiv, wenn ihre erwartete Rendite über der lokalen Cash-Rate liegt. Sie gilt als unattraktiv, wenn die erwartete Rendite negativ ist. Sehr attraktiv / sehr unattraktiv bezeichnen die Einschätzungen des BENDURA Anlagekomitees mit der höchsten Überzeugung. Der Zeithorizont für diese Einschätzungen beträgt 3-6 Monate.

Weltwirtschaft

Der ungebrochene Boom am Arbeitsmarkt in den USA macht den Anlegern Sorgen über langfristig höhere Zinsen. Im Juni wurden abermals mehr neue Stellen im privaten Sektor geschaffen als erwartet. Die rund 500‘000 neu geschaffenen Stellen sind der stärkste Anstieg seit Februar 2022 – während die Ökonomen von rund 250‘000 ausgegangen waren.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China geht in die nächste Runde. Peking hat vor kurzem die Ausfuhr von wichtigen Seltenerdmetallen, welche für die Herstellung von Halbleitern verwendet werden, eingeschränkt. Die Beschränkung für die Ausfuhr von Gallium und Germanium gelten jedoch erst ab dem 1. August 2023. Dies deuten wir als klares Signal Pekings an Washington, das sie bereit sind in der Zeit bis August über die Handelsabkommen zu verhandeln. Sollten die USA jedoch weiterhin den Zugang zu Halbfertigprodukten blockieren, werde China Vergeltungsmassnahmen ergreifen.

Im Juni wurden in den USA 209‘000 Stellen ausserhalb der Landwirtschaft geschaffen. Das ist deutlich weniger als die Ökonomen erwartet haben. Dadurch sinken jedoch die Wahrscheinlichkeiten auf zwei Zinserhöhungen signifikant.

In Europa sahen wir in den vergangenen Wochen eine starke wirtschaftliche Entwicklung. Gründe hierfür gibt es einige. Einerseits das milde Wetter, durch das sich die Energiesituation deutlich entspannt hat. Auf der anderen Seite gibt es Pläne zur Haushaltsunterstützung und die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit in China welches Europa stützt. Ebenso dürfte das wieder rationaler anmutende Zinsumfeld Unternehmen begünstigen, deren Geschäftstätigkeit in der Vergangenheit einen grösseren Nutzen für die Wirtschaft hatte.

Aktien

Der Juni war für die Aktienmärkte ein schwieriger Monat. Globale Aktien fielen um 8.4% und erreichten Mitte Monat ein kurzzeitiges Jahrestief. Zu den anhaltenden Inflationsrisiken nahmen die globalen Wachstumssorgen im Juni weiter zu. Die Leitzinsen wurden in vielen Staaten angehoben und die Zentralbanken wurden mit ihrer Geldpolitik etwas restriktiver.

Nun stellt sich die Frage: Wenn die Wirtschaft auf eine Rezession zusteuert, warum hat sich der Aktienmarkt dann so stark erholt bzw. sind die weltweiten Kurse seit letztem Oktober rund 23% gestiegen?
Seit dem zweiten Weltkrieg haben Aktien im Schnitt sechs Monate vor Beginn einer Rezession ihren Höchststand erreicht. Das bedeutet, dass der Aktienmarkt noch einige Monate an stärke gewinnen könnte. Da das Eintreten einer Rezession jedoch nicht genau voraussehbar ist, könnte ebenfalls das aktuelle Hoch, welches wir vor allem bei einigen Technologiewerten sehen als Ende der aktuellen Rally gesehen werden.

Ausserdem konzentrierte sich die Expansion im ersten Halbjahr auf nur drei Sektoren. Dabei handelt es sich um Technologie, zyklischer Konsum und Kommunikationsdienste, in welchen die wenigen KI-Unternehmen angesiedelt sind.

Der S&P 500 wird mit einem 12-Monats-KGV von 19.1 gehandelt und liegt damit deutlich über dem 20-Jahresdurchschnitt von 15.8 und dem 30-Jahresdurchschnitt von 16.5.

Daher empfehlen wir unseren Lesern, bei Aktienanlagen vorsichtig und defensiv positioniert zu bleiben.

BCA Research, www.bcaresearch.com

Anleihen

Seit Erreichen ihres Höhepunktes hat sich die Inflation im Euro-Raum und den USA fast halbiert, liegt aber immer noch über den von den Währungshütern definierten Zielband von 2%.

Die US-Notenbank hat zwar an ihrer Juni-Sitzung auf eine Zinserhöhung verzichtet, will aber wie auch die anderen wichtigsten Notenbanker der Welt zurzeit noch nichts von einem Ende der Zinserhöhungen wissen.

Das zuletzt veröffentlichte Protokoll (Minutes) der letzten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses FOMC (Federal Open Market Committee) bekräftigt die früheren Aussagen der FED-Mitglieder, dass mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist. Die Marktteilnehmer gehen in diesem Jahr von mindestens zwei weiteren Zinserhöhungen in den USA aus und rechnen aber mit Zinssenkungen zu Beginn des Jahres 2024.

Nachdem die Bankenkrise vom März in den meisten Staatsanleihenmärkten zu einem starken Renditerückgang geführt hat, ging es im 2. Quartal mit den Renditen wieder nach oben. Auch hat sich die Zinskurve über das Quartal hinweg weiter invertiert, d.h. die Renditen von Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit liegen höher als die von länger laufenden. Dies lässt sich damit erklären, dass die Renditen am kurzen Ende der Zinskurve vor allem auf Veränderungen der Leitzinsen reagieren, während sich die längeren Renditen an den langfristigen Wachstums- und Inflationserwartungen orientieren.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Staatsanleihen immer noch der beste sichere Hafen sind und bleiben übergewichtet. Bei Investment-Grade- als auch bei Hochzinsanleihen behalten wir unsere vorsichtige Haltung bei und bleiben in beiden Segmenten untergewichtet. Bei Emerging Markets Anleihen haben wir neu einen positiveren Ausblick, da die Märkte schon früher mit Zinserhöhungen begonnen haben und somit in diesem Zyklus weiter fortgeschritten sind als die entwickelten Märkte. Deshalb stufen wir Schwellenländeranleihen von Untergewichten auf neutral hoch.

BCA Research, www.bcaresearch.com
BCA Research, www.bcaresearch.com

Rohstoffe & Währungen

Beim Gold sehen wir einen vorherrschenden Trend der Nationalbanken mit einer Ausnahme. Während fast alle Nationalbanken ihre Goldbestände aufstocken, stösst die türkische Regierung grosse Teile seiner Goldreserven ab. Gemäss einem Bericht des World Gold Council haben die Nationalbanken im letzten Monat rund 27 Tonnen Gold verkauft. Schaut man sich den Report jedoch genauer an, erkennt man, dass allein die Türkei rund 63 Tonnen verkauft hat. „Seit März hat die Zentralbank fast 160 Tonnen verkauft, was den kumulativen Käufen der letzten 12 Monate entspricht“, schrieb die WGC in ihrem Bericht.

Man stellt fest, das spezifische Faktoren den Goldverkauf der Türkei in diesem Jahr antreiben. Das Land hat mit einer sehr hohen Inflation zu kämpfen und Verbraucher kaufen Gold, um ihre Kaufkraft zu schützen. Somit zwangen sie die Nationalbank zu Verkäufen, um der inländischen Nachfrage nachzukommen.

Die starken Verkäufe der türkischen Nationalbank drücken sich auch im Preis aus. Darum behalten wir unsere vorsichtige Haltung und sehen von einem Kauf ab.

BCA Research, www.bcaresearch.com

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